2005-09-19

Der wahre Souverän

Das deutsche Wahlvolk hat sich als wahrer Souverän erwiesen und den Politikern mal so richtig gezeigt wo der Hammer hängt: der Angela, die sich schon so sicher war Kanzlerin zu werden, dass sie glaubte sich einen amoklaufenden Wirtschaftsprofessor im Schattenkabinett leisten zu können, dem Gerhard, der eigentlich eine stabilere Mehrheit bestellt hatte, stattdessen aber weder eine stabilere, noch überhaupt eine bekam, dem Edmund, der glaubte, auf mehr als 50% der Stimmen in Bayern abonniert zu sein, dem Joschka, dem der Koalitionspartner zur Regierungsbildung abhanden gekommen ist, und schliesslich dem Guido, der mit seinem ganzen schönen Zugewinn nun leider nichts anfangen kann. Der Schlamassel ist so verworren, dass selbst dem ausgebufften Politikprofi Schröder die Orientierung abhanden kam, als er sich in der Elefantenrunden trotz mehr als 4% Verlust und Platz 2 in der Parteienwertung unverdrossen zum Wahlsieger krönte. Wie er im Kanzleramt bleiben will, ohne sich mit den Schmuddelkindern von Linksaussen einzulassen und damit den endgültigen Niedergang der SPD zu besiegeln, bleibt allerdings sein Geheimnis. Andererseits - ein Kanzler Schröder von Oskars Gnaden? Das wäre doch mal eine schöne Ironie der Geschichte.

Ganz besonders peinlich ist, dass Schröder diese Neuwahlen ohne jede Not vom Zaun gebrochen hat. Wenn er sich vorher schon seiner Regierungsfähigkeit nicht sicher war, wie sollte er es dann gerade jetzt sein? Der Verdacht drängt sich auf, dass es Schröder in erster Linie darum geht, um jeden Preis Herr des Verfahrens zu sein, egal was das Verfahren nun gerade ist. Ob er das Land oder seine Partei damit in eine prekäre Lage bringt, ist dabei zweitrangig. Daher meine Befürchtung: Schröder lässt sich unter Duldung von Altkommunisten und anderen Ewiggestrigen zum Kanzler wählen und dann im Frühjahr mangels Regierungsfähigkeit zur Abwechslung mal wieder das Misstrauen aussprechen. Der wahre Souverän ist in den Augen Schröders halt immer noch Schröder selbst.

2005-09-07

Selbstjustiz

Megans Gesetz war schon einmal Gegenstand dieses Blogs. Anlässlich eines aktuellen Doppelmordes an ehemaligen Triebtätern in Bellingham, Bundesstaat Washington, komme ich nochmal darauf zurück.

Es war zu erwarten, dass jemand diesen modernen Pranger in Form einer für jedermann zugängigen Datenbank ausnützen würde, um seinem Charles-Bronson-Komplex zu frönen und mit der Kanone herumzuballern. Dabei ist diese Extremform der Selbstjustiz nur die Spitze des Eisberges.

Die Justiz ist in dieser Frage seltsam inkonsequent. Wenn der Verdacht besteht, dass ein ehemaliger Triebtäter wieder rückfällig wird, dann soll man ihn gefälligst lebenslang wegsperren. Was erreicht man damit, dass man diese Leute an den Pranger stellt? Was sollen die Familienväter und -mütter in der Nachbarschaft mit dieser Information anfangen? Für mich heißt das nichts anderes, als ihnen zu sagen:

"Wir sind fertig mit dem Typen, aber wir garantieren für nichts. Wenn was passiert, könnt ihr nicht sagen, ihr hätter nicht gewusst, was das für einer ist. Und nun seht zu, wie ihr damit klarkommt."

Dass dann ab und zu mal ein überreizter Nachbar zur Flinte greift, gehört dann wohl in die Rubrik Kollateralschaden.

2005-09-01

Der Vorreiter

Im Gegensatz zu Pat Robertson kann Jürgen Trittin noch nicht Gehirnverkalkung als mildernden Umstand für von ihm verbreitete Peinlichkeiten anführen. Dennoch entblödete er sich nicht, sich ausgerechnet anlässlich des zerstörerischen Hurrikans an der amerikanischen Golfküste aufs hohe Ross des Vorreiters beim Klimaschutz zu schwingen. Es kommt einem beinahe so vor, als habe Trittin nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, sein zynisches Hobby-Meteorologentum unters Volk zu bringen. Dabei gibt es Hurrikane der Kategorie 4 ja wohl nicht erst seit der Klimawandel eingesetzt hat. Man kann die Klima-(un)politik der amerikanischen Regierung durchaus fragwürdig finden, aber statt unverhohlener Schadenfreude wäre doch wohl zunächst einmal der Ausdruck von Mitgefühl und ein Hilfsangebot angebracht gewesen. In ein, zwei Monaten, wenn der ganze Schlamassel halbwegs ins Reine gekommen sein wird, hätte der gute Jürgen sich dann immernoch in seiner Lieblingsrolle als Oberlehrer und Klassenprimus in Personalunion aufführen können. Vielleicht hat er sich aber auch nur deshalb so vorgedrängelt, weil er weiß, dass sich nach der Bundestagswahl kaum noch jemand dafür interessieren wird, was der einfache Abgeordnete Trittin zu sagen hat.

Und das ist gut so.