2005-01-31

Der erste Verfassungszusatz

Inhalt des ersten Zusatzes zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (Zitat ist dieser Seite entnommen):
Der 1. Verfassungszusatz [...] legt fest, dass der Kongress kein Gesetz verabschieden darf, das eine Religion zur Staatsreligion erklärt oder die freie Religionsausübung beschränkt. Dasselbe gilt für ein Gesetz, das die Rede- oder Pressefreiheit begrenzen würde. Er enthält weiters das Recht, friedliche Versammlungen abzuhalten und gegen die Regierung Beschwerde einzulegen und sie zur Wiedergutmachung für erlittenen Schaden aufzufordern.

Die amerikanische Jugend scheint das heutzutage wenig zu kümmern, wie aus einem Artikel hervorgeht, der heute auf CNN erschien. Demnach meint mehr als ein Drittel aller befragten Schüler, diese Garantien bürgerlicher Freiheiten seien zu weitreichend. Nur die Hälfte ist der Meinung, dass Zeitungen frei und ohne Zustimmung der Regierung veröffentlicht werden sollten.

Viele dieser Schüler werden in knapp vier Jahren zum ersten Mal wählen. Das lässt nichts gutes ahnen.

2005-01-30

Klischees

Ein Klick auf die Überschrift dieses Blog-Eintrags führt zu einem Artikel über Silicon Valley in Telepolis. Dieser Artikel ist zwar durchaus lesenswert, stellt aber doch nur einen Ausschnitt aus der Lebensrealität im Valley dar. Die Gegend wird leider auf das Technik-Freak-Klischee reduziert und alles übrige, insbesondere das, was letztlich die Lebensqualität ausmacht, weitgehend ausgeblendet.

Zugegeben, viele dieser Faktoren haben weniger mit dem Valley an sich, als vielmehr mit der unmittelbaren Umgebung zu tun: San Francisco, eine der schönsten Städte der Welt, die fantastische Schönheit der Landschaft zwischen dem Tal und dem nahen Pazifik, die Enklaven des Nonkonformismus in Santa Cruz und Berkeley und viele Dinge mehr ermöglichen hohe Lebensqualität jenseits von Technik-Besessenheit. Was ich dem Valley selber zugute halte ist neben dem unglaublich guten Wetter die kulturelle Vielfalt der Gesellschaft. Ironischerweise habe ich hier wesentlich mehr Kontakt zu Europäern aller Länder als ich je in Deutschland hatte, aber darauf beschränkt es sich natürlich nicht. Man hat hier wie kaum sonstwo auf der Welt Gelegenheit, Menschen aus aller Welt auf relativ kleinem Fleck kennenzulernen.

Es kommt wie immer darauf an, was man persönlich aus den Umständen macht und wie man die Schwerpunkte setzt. Ich lebe nun seit fünf Jahren hier und es wird mir sicher schwer fallen, hier irgendwann mal wieder die Koffer zu packen. Inzwischen werde ich in diesem Blog versuchen, einen realistischen Eindruck über die Lebensumstände im Silicon Valley jenseits von Klischees und Vorurteilen zu vermitteln.

2005-01-29

Ca(p)pu(c)cino

Es lebe die Kreativität beim Buchstabieren! Das Wort Cappuccino zum Beispiel lädt dazu geradezu ein. Und so nehmen viele der hiesigen Restaurants und Cafes diese Einladung gerne an und buchstabieren es je nach Gusto als Capuccino oder Cappucino. Allzu oft ist diese Unkenntnis leider auch Indikator für die Qualität des Servierten. Den besten Cappuccino in der Bay Area gibt es ohne Zweifel in Little Italy, im North Beach Bezirk San Franciscos. Ein sicherer Tip ist das Cafe Greco, 423 Columbus Ave zwischen Stockton und Green, aber Vorsicht, das wissen auch andere, und so ist der Laden häufig ziemlich voll.

2005-01-28

Schnellspur

Die San Francisco Bay wird durch mehrere Brücken von West nach Ost überspannt. Die bekannteste davon ist die Bay Bridge zwischen San Francisco und Oakland. In Ostrichtung ist die Überfahrt jeweils kostenlos, in der Gegenrichtung muss man an einer Mautstation anhalten und bezahlt dort drei Dollar. Wer jedoch einen sogenannten FasTrak-Transponder im Wagen hat, kann einfach durchfahren und wird dabei automatisch registriert. Da ich auf dem Weg zur Arbeit jeden Tag die Dumbarton-Brücke überquere, die Newark mit Menlo Park verbindet, habe ich mir ein solches Kästchen zugelegt.

Heute morgen hatte ich gleich drei Anrufe auf dem Anrufbeantworter. Die Bank hatte eine verdächtige Kreditkarten-Belastung festgestellt und versuchte hektisch mich zu erreichen. Als ich zurückrief, stellte sich heraus, dass es sich um die FasTrak-Gebühr handelte, die vorher schon ein paar Mal anstandslos durchgegangen war. Nachdem ich die Rechtmäßigkeit der Abbuchung bestätigt hatte, fragte die Dame noch, was denn FasTrak überhaupt sei. "Sie sind wohl noch nicht lange hier", hätte ich beinahe gesagt, hab's mir dann aber doch verkniffen.

2005-01-27

Bürokratie

Am 15. Januar schickte die US Einwanderungsbehörde einen Brief an Jewgeni Kniazev (47) in Brooklyn, New York. Der Brief informierte Kniazev, einen Einwanderer aus Sibirien, dass er die ständige Aufenthaltserlaubnis gewährt bekommen hatte.

Aber Jewgeni Kniazev konnte sich darüber nicht freuen, denn er war am 11. September 2001 Mitarbeiter des Restaurants "Windows on the World" im 107. Stockwerk des Nordturms des World Trade Centers und kam bei den Terroranschlägen ums Leben. Nunja, das ist erst dreieinhalb Jahre her. Wie soll die Einwanderungsbehörde das auch schon wissen?

Jewgenis Fall ist sicher einer von besonders tragischer Ironie, aber in gewisser Weise auch symptomatisch für ein ganz allgemeines Problem: bei den gegenwärtig üblichen Bearbeitungszeiten für Visa-Anträge in den USA muss man einfach mit der Möglichkeit rechnen, dass einem am Tag des Bescheids bereits Moos aus dem Nasenloch wächst.

2005-01-26

Lost in Translation

Heute den Tag erkältet im Bett verbracht. Abends dann zum DVD-Ständer. Ohne mir dessen bewußt zu sein, fiel meine Wahl auf den Film, den ich gestern am Ende des Blogs erwähnte: "Lost in Translation". Auch beim dritten Ansehen noch großartig!

Trivia: der Film, den Charlotte und Bob gemeinsam im Fernsehen sehen, ist Fellinis "La Dolce Vita".

Auch wenn das natürlich berechtigterweise überhaupt kein Schwein interessiert, sei mir gestattet zu erwähnen, dass "La Dolce Vita" wegen der alphabetischen Ordnung in meinem DVD-Ständer direkt über "Lost in Translation" liegt. Zufall? Fügung? Karma? Eierkuchen?

So, das reicht jetzt aber für heute. Sonst denkt gleich noch jemand ich liege schon im Fieberwahn.

2005-01-25

Kampffische

S. meinte ich solle heute kein Blog mehr schreiben und lieber schlafen gehen und meine Erkältung auskurieren. Sie hat ja recht, also werde ich mich kurz fassen. Mein Schädel brummt doch gewaltig.

Heute abend habe ich das erste mal seit 20 Jahren einen meiner Lieblingsfilme wiedergesehen: "Rumble Fish" (zu Deutsch "Kampffische"), von Francis Ford Coppola aus dem Jahr 1983. Ich werde jetzt nicht schreiben dass Filme damals besser waren, dass es damals mehr Kunst und weniger Popcorn gab als heute, denn das ist nicht wahr. Kino dieser Klasse hatte auch damals Seltenheitswert.

Trivia: Sofia Coppola, damals 12 und heute selber erfolgreiche Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin ("Lost in Translation"), spielt im Film Pattys kleine Schwester.

So, und jetzt geht's ab in die Heia...

2005-01-24

Der Sturz des Tyrannen

Da Henryk M. Broder und Claus Christian Malzahn nicht für einen Mangel an Intelligenz bekannt sind, kann man nur annehmen dass sie sich dumm stellen, wenn sie im Spiegel Online scheinheilig fragen, was an diesem Satz falsch ist: "Die wahre Hoffnung für den Frieden in der Welt ist die Verbreitung der Freiheit überall in der Welt." An dem Satz an sich ist natürlich garnichts falsch, es ist aber eben doch nicht ganz unwichtig, wer ihn gerade zum Besten gibt. Falls die Vergangenheit zu Zweifeln an Lauterkeit und Motiven dieser Person berechtigt, gibt es zumindest Klärungsbedarf, denn es wäre nicht das erste Mal, dass hehre Worte als politische Nebelkerzen herhalten müssen. Das mit dem Schutz der Welt vor Massenvernichtungswaffen klang ja auch mal halbwegs plausibel. Auch wäre zu fragen, was mit "Verbreitung" gemeint ist und wie diese geschehen soll. Es ist ja denkbar, dass zum endgültigen Sieg der Freiheit erst mal noch ein bisschen Krieg gespielt werden muss. Alles nur für den guten Zweck natürlich.

"Der Sturz eines Tyrannen kann kein Fehler sein", ist der schon fast trotzige Schluß der Autoren. Das ist so knackig wie in seiner behaupteten Absolutheit fragwürdig, denn zumindest die im Rahmen der Kampfhandlungen und von Attentaten abgemurksten Iraker und die inzwischen über 1300 toten amerikanischen Soldaten werden das anders sehen. Für sich betrachtet ist die Entmachtung eines Tyrannen eine famose Sache, aber alles hat eben seinen Preis, und wie hoch der Blutzoll erst noch werden wird, bis der Irak wirklich friedlich, frei und demokratisch ist, weiß bis heute niemand, auch die Herren Broder und Malzahn nicht.

2005-01-23

Kann man, muss man aber nicht

Heute stand ein geführter Stadtrundgang in San Francisco auf dem Programm, Thema viktorianische Häuser in Pacific Heights. Ich habe dabei einiges gelernt, auch vieles, das ich eigentlich garnicht wissen wollte. So weiß ich jetzt wo Danielle Steel wohnt. Ich finde, Leute mit so schlechtem Geschmack sollten nicht in so schönen Villen wohnen.

In eines der Häuser, das sich im Vergleich zu dem von Danielle allerdings mickerig ausmachte, konnten wir hinein, da es wegen anstehenden Verkaufs zur Besichtigung freigegeben war. Ursprünglich sicher schön, ist es heute in sehr bedauernswertem Zustand. Dennoch soll der Preis 1,7 Millionen Dollar betragen, und um es wieder herzurichten wird sicher eine weitere Million fällig.

Danach sind A. und ich noch zu E. nach Laurel Heights zum bodenständigeren Teil des heutigen Kulturprograms, "trivialer" will ich nicht sagen, siehe Danielle Steel oben: I, Robot mit Will Smith auf Pay-per-View. Kann man gucken, muss man aber nicht (*** von *****).

2005-01-22

Megans Gesetz

Megans Gesetz ist benannt nach einem siebenjährigen Mädchen namens Megan, das im Juli 1994 in New Jersey in ein Nachbarhaus gelockt, dort vergewaltigt und ermordet wurde. Der Täter war ein zuvor verurteilter Sexualverbrecher.

Um solche Taten künftig zu erschweren, wurde Megans Gesetz beschlossen, nach dem Sexualverbrecher, die als potentielle Gefahr für Ihre Umgebung identifiziert wurden, mit Namen, Bild und Adresse an den öffentlichen Pranger gestellt werden müssen. In Zeiten des Internet gibt es dafür natürlich eine Website, auf der jeder der Zeit und Muße hat binnen weniger Minuten herausfinden kann, wie solche Typen aussehen, wo genau sie sich herumtreiben und was sie auf der Kerbe haben. Das mögen nun auch diejenigen tun wollen, die befürchten einem der Abgebildeten in ihrer Nähe entfernt ähnlich zu sehen. Das scheint angesichts der Dichte der in Ballungsräumen wie der San Francisco Bay Area markierten Adressen wahrscheinlicher zu sein, als man hoffen möchte.

2005-01-21

Live ist besser

Es ist ja inzwischen ein Gemeinplatz, daß das Fernsehprogramm zur selbstreferenziellen, voll konfektionierten, kontrollierten und kommerzialisierten Ware verkommen ist. Hier in den USA wird konsequenterweise kaum noch irgendetwas live ausgestrahlt, zumal die Fernsehanstalten Gefahr laufen, sich teure Bußgelder einzuhandeln, falls etwas unvorhergesehenes passiert. So geschehen letztes Jahr nach Janet Jackson's Garderoben-Fehlfunktion, ein Vorfall, der CBS über eine halbe Million Dollar kostete.

Gelegentlich gibt es also noch Überraschungen, so wie vorgestern nachmittag auf Fox-News, als Judy Bachrach von der Zeitschrift Vanity Fair es wagte über den angesichts des Krieges ihrer Meinung nach unangemessenen Pomp bei der Amtseinführung des Präsidenten herzuziehen, während die Nachrichtensprecherin den üblichen, belanglosen Plausch über Mode und Klatsch führen wollte. Der kurzweilige Schlagabtausch endete mit der für Nachrichtensendungen eher unüblichen Verabschiedung: "Ich denke, wir haben Ihnen mehr Zeit als nötig gegeben, um Ihre Sicht der Dinge darzulegen."

Der Video-Clip ist hier, eine deutsche Übersetzung hier. Ja, so macht Fernsehen wieder Spaß!

2005-01-20

Hätten Sie investiert?

Geldanlagen sind kompliziert. Entweder sind sie riskant, und nach dem nächsten Börsencrash ist man ein armer Schlucker, oder sie sind sicher wie der sprichwörtliche Sparstrumpf, doch das einzige was wirklich sicher ist, ist dass die Inflation den Geltwert allmählich auffrisst. Im Nachhinein ist man immer schlauer und weiß, was man mit den hart verdienten Kröten hätte anfangen sollen, und immer hat man genau das natürlich nicht getan. Wie hätte man auch ahnen können, dass es damals eine gute Idee gewesen wäre in diese Truppe zu investieren? Wenn man sich den armseligen Haufen anschaut, denkt man eher an ein Jahrestreffen anonymer Esoteriker als an die Keimzelle eines Multi-Milliarden Dollar Konzerns. Jede dieser Schnarchtassen ist heute Millionen von Dollar schwer, einige ein vielfaches davon, und der schmächtige Jüngling unten links ist heute gar reichster Mann der Welt.

Hier in Silicon Valley findet man nicht viele Freunde dieser Firma. Die hiesigen Ikonen des Techno-Kapitalismus sind eher solche Firmen, die hier Ihren Hauptsitz haben, wie zum Beispiel Yahoo, Apple, Google, Ebay, Hewlett-Packard, Sun Microsystems, Oracle, Intel, AMD und viele andere. Auch in die hätte man frühzeitig investieren (bei einigen allerdings auch ebenso frühzeitig wieder aussteigen) sollen. Hätte, hätte...

2005-01-19

Der (Mos-)hammer!

Entgegen allen Vorurteilen über die amerikanische Medienlandschaft wird man auf KQED, der lokalen Public Radio Station, vorzüglich über das Weltgeschehen informiert. In einer Live-Übertragung gab dort gestern morgen Condoleezza Rice bei der Senatsanhörung zu ihrer Amtseinführung als Außenministerin zum Besten, sie hielte den asiatischen Tsunami für eine "wunderbare Gelegenheit". Na, das fängt ja gut an. Wenigstens das erste Fettnäpfchen hätte sie doch auslassen können.

An Peinlichkeit ist das schon kaum zu übertreffen, aber die Bildzeitung schafft es immer wieder doch noch. Und so fragt man sich als geneigter Leser, welche Drogen man eigentlich genommen haben muss, um in aller Öffentlichkeit einen so unglaublichen Schwachsinn zu verzapfen.

2005-01-18

Offenbar bist Du kein Golfer

Einer der liebsten Zeitvertreibe der Amerikaner ist Bowling. Im Unterschied zum Kegeln sind die Bahnen eben und nicht gefurcht, die Kugeln sind größer und schwerer und sie haben drei Löcher, je eins für Daumen, Mittel- und Ringfinger. Die maximal mögliche Punktzahl liegt in für mich unerreichbarer Ferne bei 300. Die gibt's fuer 12 Strikes nacheinander, das heißt ich müsste zwölf Mal alle zehn Pins auf einmal umhauen. Nunja, vielleicht im nächsten Leben, in diesem jedenfalls sind Gutterballs deutlich wahrscheinlicher. Da ist es kein Trost, dass auch Jeff Bridges offenbar des Bowlens unkundig ist, oder wie sonst ließe sich erklären, dass er in The Big Lebowski die Kugel allenfalls mal mehr oder weniger dekorativ in die Kamera hält? Egal, eine Klasse für sich ist der Film natürlich trotzdem.

Die Überschrift dieses Blog-Eintrags ist übrigens die Übersetzung eines Zitats aus der saukomischen Anfangssequenz dieses Films.

2005-01-17

Tic-Tac Lime

Ich hätte nicht gedacht, dass ein so mieses Produkt es je auf den Markt schaffen wuerde. Hatten die Geschmackstester da gerade mal Urlaub? Wem sich da nicht die Zehnägel aufrollen, merkt garnichts mehr. Das Zeug ist allenfalls als Unkrautvernichter verwertbar.