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2005-12-12

Glashaus

Während ich diese Zeilen schreibe, läuft für Stanley "Tookie" Williams die Zeit ab, denn in diesen Minuten wird im San Quentin-Gefängnis nördlich von San Franzisko die Todesstrafe an ihm vollstreckt. Seinem letzten Gnadengesuch wurde heute von Kaliforniens Gouverneur Arnold "Terminator" Schwarzenegger eine Absage erteilt. Besonders interessant finde ich folgende Passage aus der Begründung, in der Schwarzenegger sich auf Williams' Buchveröffentlichungen während seiner Haftzeit bezieht, mit denen dieser versuchte Jugendliche von Gewalt und Bandenmitgliedschaft abzuhalten:
Es ist schwer die Wirkung solcher Bemühungen zu beurteilen, aber die fortgesetzte Verbreitung von Bandengewalt lässt an der Wirksamkeit von Williams' Botschaft zweifeln.
Da Williams aber nunmal schon seit über 20 Jahren im Knast sitzt, lässt einen die fortgesetzte Verbreitung von Bandengewalt doch eher an ganz anderen Bemühungen zweifeln, nämlich an denen der Politiker, den unterprivilegierten Minderheiten in den Ghettos echte Perspektiven aufzuzeigen.
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Diesen Satz kann Herr Schwarzenegger in seiner Muttersprache lesen. Beherzigt hat er ihn nicht.

2005-09-19

Der wahre Souverän

Das deutsche Wahlvolk hat sich als wahrer Souverän erwiesen und den Politikern mal so richtig gezeigt wo der Hammer hängt: der Angela, die sich schon so sicher war Kanzlerin zu werden, dass sie glaubte sich einen amoklaufenden Wirtschaftsprofessor im Schattenkabinett leisten zu können, dem Gerhard, der eigentlich eine stabilere Mehrheit bestellt hatte, stattdessen aber weder eine stabilere, noch überhaupt eine bekam, dem Edmund, der glaubte, auf mehr als 50% der Stimmen in Bayern abonniert zu sein, dem Joschka, dem der Koalitionspartner zur Regierungsbildung abhanden gekommen ist, und schliesslich dem Guido, der mit seinem ganzen schönen Zugewinn nun leider nichts anfangen kann. Der Schlamassel ist so verworren, dass selbst dem ausgebufften Politikprofi Schröder die Orientierung abhanden kam, als er sich in der Elefantenrunden trotz mehr als 4% Verlust und Platz 2 in der Parteienwertung unverdrossen zum Wahlsieger krönte. Wie er im Kanzleramt bleiben will, ohne sich mit den Schmuddelkindern von Linksaussen einzulassen und damit den endgültigen Niedergang der SPD zu besiegeln, bleibt allerdings sein Geheimnis. Andererseits - ein Kanzler Schröder von Oskars Gnaden? Das wäre doch mal eine schöne Ironie der Geschichte.

Ganz besonders peinlich ist, dass Schröder diese Neuwahlen ohne jede Not vom Zaun gebrochen hat. Wenn er sich vorher schon seiner Regierungsfähigkeit nicht sicher war, wie sollte er es dann gerade jetzt sein? Der Verdacht drängt sich auf, dass es Schröder in erster Linie darum geht, um jeden Preis Herr des Verfahrens zu sein, egal was das Verfahren nun gerade ist. Ob er das Land oder seine Partei damit in eine prekäre Lage bringt, ist dabei zweitrangig. Daher meine Befürchtung: Schröder lässt sich unter Duldung von Altkommunisten und anderen Ewiggestrigen zum Kanzler wählen und dann im Frühjahr mangels Regierungsfähigkeit zur Abwechslung mal wieder das Misstrauen aussprechen. Der wahre Souverän ist in den Augen Schröders halt immer noch Schröder selbst.

2005-09-07

Selbstjustiz

Megans Gesetz war schon einmal Gegenstand dieses Blogs. Anlässlich eines aktuellen Doppelmordes an ehemaligen Triebtätern in Bellingham, Bundesstaat Washington, komme ich nochmal darauf zurück.

Es war zu erwarten, dass jemand diesen modernen Pranger in Form einer für jedermann zugängigen Datenbank ausnützen würde, um seinem Charles-Bronson-Komplex zu frönen und mit der Kanone herumzuballern. Dabei ist diese Extremform der Selbstjustiz nur die Spitze des Eisberges.

Die Justiz ist in dieser Frage seltsam inkonsequent. Wenn der Verdacht besteht, dass ein ehemaliger Triebtäter wieder rückfällig wird, dann soll man ihn gefälligst lebenslang wegsperren. Was erreicht man damit, dass man diese Leute an den Pranger stellt? Was sollen die Familienväter und -mütter in der Nachbarschaft mit dieser Information anfangen? Für mich heißt das nichts anderes, als ihnen zu sagen:

"Wir sind fertig mit dem Typen, aber wir garantieren für nichts. Wenn was passiert, könnt ihr nicht sagen, ihr hätter nicht gewusst, was das für einer ist. Und nun seht zu, wie ihr damit klarkommt."

Dass dann ab und zu mal ein überreizter Nachbar zur Flinte greift, gehört dann wohl in die Rubrik Kollateralschaden.

2005-09-01

Der Vorreiter

Im Gegensatz zu Pat Robertson kann Jürgen Trittin noch nicht Gehirnverkalkung als mildernden Umstand für von ihm verbreitete Peinlichkeiten anführen. Dennoch entblödete er sich nicht, sich ausgerechnet anlässlich des zerstörerischen Hurrikans an der amerikanischen Golfküste aufs hohe Ross des Vorreiters beim Klimaschutz zu schwingen. Es kommt einem beinahe so vor, als habe Trittin nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, sein zynisches Hobby-Meteorologentum unters Volk zu bringen. Dabei gibt es Hurrikane der Kategorie 4 ja wohl nicht erst seit der Klimawandel eingesetzt hat. Man kann die Klima-(un)politik der amerikanischen Regierung durchaus fragwürdig finden, aber statt unverhohlener Schadenfreude wäre doch wohl zunächst einmal der Ausdruck von Mitgefühl und ein Hilfsangebot angebracht gewesen. In ein, zwei Monaten, wenn der ganze Schlamassel halbwegs ins Reine gekommen sein wird, hätte der gute Jürgen sich dann immernoch in seiner Lieblingsrolle als Oberlehrer und Klassenprimus in Personalunion aufführen können. Vielleicht hat er sich aber auch nur deshalb so vorgedrängelt, weil er weiß, dass sich nach der Bundestagswahl kaum noch jemand dafür interessieren wird, was der einfache Abgeordnete Trittin zu sagen hat.

Und das ist gut so.

2005-03-13

Nucular

Ich bin sehr dafür, dass der Iran im Streit mit dem Westen endlich einlenkt, damit ich endlich nicht mehr täglich hören muss, wie der amerikanische Präsident das Wort "nuclear" zu "nucular" verballhornt. Wann sagt dem Mann endlich mal jemand, wie man das Wort buchstabiert?

2005-03-02

Heulsuse

Jack Ewing von BusinessWeek Online ist wahnsinnig. Das behauptet er jedenfalls von sich selber. Wie das kam? Deutschland hat ihn mit seiner "pathologischen Risiko-Vermeidung und hirnlosen Bürokratie" in den Wahnsinn getrieben, weil man es dort wagte, ihn der Tortur einer Führerscheinprüfung auszusetzen, obwohl er doch seit 30 Jahren einen amerikanischen Führerschein besitzt.

Das Land mit dem Übermaß an Bürokratie ist in diesem Fall jedoch die USA, da Führerscheine Sache der Bundesstaaten sind, wie übrigens auch die Verkehrsregeln. Knapp die Hälfte der US-Staaten erkennt den deutschen Führerschein an, und so bekommen US Bürger aus beispielsweise Illinois diesen im Gegenzug auch in Deutschland anerkannt. Pech für den armen Jack, dass er aus dem Staat New York kommt, der wie Kalifornien deutsche Führerscheine nicht anerkennt.

Wie Jack musste ich also einen lokalen Führerschein erwerben, obwohl ich schon lange einen deutschen besaß, aber fange ich deswegen an in aller Öffentlichkeit herumzujammern und auf mein Gastland zu schimpfen?

2005-01-31

Der erste Verfassungszusatz

Inhalt des ersten Zusatzes zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (Zitat ist dieser Seite entnommen):
Der 1. Verfassungszusatz [...] legt fest, dass der Kongress kein Gesetz verabschieden darf, das eine Religion zur Staatsreligion erklärt oder die freie Religionsausübung beschränkt. Dasselbe gilt für ein Gesetz, das die Rede- oder Pressefreiheit begrenzen würde. Er enthält weiters das Recht, friedliche Versammlungen abzuhalten und gegen die Regierung Beschwerde einzulegen und sie zur Wiedergutmachung für erlittenen Schaden aufzufordern.

Die amerikanische Jugend scheint das heutzutage wenig zu kümmern, wie aus einem Artikel hervorgeht, der heute auf CNN erschien. Demnach meint mehr als ein Drittel aller befragten Schüler, diese Garantien bürgerlicher Freiheiten seien zu weitreichend. Nur die Hälfte ist der Meinung, dass Zeitungen frei und ohne Zustimmung der Regierung veröffentlicht werden sollten.

Viele dieser Schüler werden in knapp vier Jahren zum ersten Mal wählen. Das lässt nichts gutes ahnen.

2005-01-27

Bürokratie

Am 15. Januar schickte die US Einwanderungsbehörde einen Brief an Jewgeni Kniazev (47) in Brooklyn, New York. Der Brief informierte Kniazev, einen Einwanderer aus Sibirien, dass er die ständige Aufenthaltserlaubnis gewährt bekommen hatte.

Aber Jewgeni Kniazev konnte sich darüber nicht freuen, denn er war am 11. September 2001 Mitarbeiter des Restaurants "Windows on the World" im 107. Stockwerk des Nordturms des World Trade Centers und kam bei den Terroranschlägen ums Leben. Nunja, das ist erst dreieinhalb Jahre her. Wie soll die Einwanderungsbehörde das auch schon wissen?

Jewgenis Fall ist sicher einer von besonders tragischer Ironie, aber in gewisser Weise auch symptomatisch für ein ganz allgemeines Problem: bei den gegenwärtig üblichen Bearbeitungszeiten für Visa-Anträge in den USA muss man einfach mit der Möglichkeit rechnen, dass einem am Tag des Bescheids bereits Moos aus dem Nasenloch wächst.

2005-01-24

Der Sturz des Tyrannen

Da Henryk M. Broder und Claus Christian Malzahn nicht für einen Mangel an Intelligenz bekannt sind, kann man nur annehmen dass sie sich dumm stellen, wenn sie im Spiegel Online scheinheilig fragen, was an diesem Satz falsch ist: "Die wahre Hoffnung für den Frieden in der Welt ist die Verbreitung der Freiheit überall in der Welt." An dem Satz an sich ist natürlich garnichts falsch, es ist aber eben doch nicht ganz unwichtig, wer ihn gerade zum Besten gibt. Falls die Vergangenheit zu Zweifeln an Lauterkeit und Motiven dieser Person berechtigt, gibt es zumindest Klärungsbedarf, denn es wäre nicht das erste Mal, dass hehre Worte als politische Nebelkerzen herhalten müssen. Das mit dem Schutz der Welt vor Massenvernichtungswaffen klang ja auch mal halbwegs plausibel. Auch wäre zu fragen, was mit "Verbreitung" gemeint ist und wie diese geschehen soll. Es ist ja denkbar, dass zum endgültigen Sieg der Freiheit erst mal noch ein bisschen Krieg gespielt werden muss. Alles nur für den guten Zweck natürlich.

"Der Sturz eines Tyrannen kann kein Fehler sein", ist der schon fast trotzige Schluß der Autoren. Das ist so knackig wie in seiner behaupteten Absolutheit fragwürdig, denn zumindest die im Rahmen der Kampfhandlungen und von Attentaten abgemurksten Iraker und die inzwischen über 1300 toten amerikanischen Soldaten werden das anders sehen. Für sich betrachtet ist die Entmachtung eines Tyrannen eine famose Sache, aber alles hat eben seinen Preis, und wie hoch der Blutzoll erst noch werden wird, bis der Irak wirklich friedlich, frei und demokratisch ist, weiß bis heute niemand, auch die Herren Broder und Malzahn nicht.

2005-01-22

Megans Gesetz

Megans Gesetz ist benannt nach einem siebenjährigen Mädchen namens Megan, das im Juli 1994 in New Jersey in ein Nachbarhaus gelockt, dort vergewaltigt und ermordet wurde. Der Täter war ein zuvor verurteilter Sexualverbrecher.

Um solche Taten künftig zu erschweren, wurde Megans Gesetz beschlossen, nach dem Sexualverbrecher, die als potentielle Gefahr für Ihre Umgebung identifiziert wurden, mit Namen, Bild und Adresse an den öffentlichen Pranger gestellt werden müssen. In Zeiten des Internet gibt es dafür natürlich eine Website, auf der jeder der Zeit und Muße hat binnen weniger Minuten herausfinden kann, wie solche Typen aussehen, wo genau sie sich herumtreiben und was sie auf der Kerbe haben. Das mögen nun auch diejenigen tun wollen, die befürchten einem der Abgebildeten in ihrer Nähe entfernt ähnlich zu sehen. Das scheint angesichts der Dichte der in Ballungsräumen wie der San Francisco Bay Area markierten Adressen wahrscheinlicher zu sein, als man hoffen möchte.

2005-01-19

Der (Mos-)hammer!

Entgegen allen Vorurteilen über die amerikanische Medienlandschaft wird man auf KQED, der lokalen Public Radio Station, vorzüglich über das Weltgeschehen informiert. In einer Live-Übertragung gab dort gestern morgen Condoleezza Rice bei der Senatsanhörung zu ihrer Amtseinführung als Außenministerin zum Besten, sie hielte den asiatischen Tsunami für eine "wunderbare Gelegenheit". Na, das fängt ja gut an. Wenigstens das erste Fettnäpfchen hätte sie doch auslassen können.

An Peinlichkeit ist das schon kaum zu übertreffen, aber die Bildzeitung schafft es immer wieder doch noch. Und so fragt man sich als geneigter Leser, welche Drogen man eigentlich genommen haben muss, um in aller Öffentlichkeit einen so unglaublichen Schwachsinn zu verzapfen.